Moin!
Dann noch dies, ich möchte ja nicht wissen, was der Künstler mir sagen wird, wenn ich ihn vor einer Vorstellung fragen würde, ob er sich eine Graukarte ins Gesicht hält, wenn er die Bühne betritt
Du lässt an dieser Stelle komplett den konkreten Anwendungsfall außer Acht, in dem wir hier zur Graukarten-Empfehlung gekommen sind. In einer Bühnen-Situation ist die Graukarte natürlich nicht Mittel der Wahl, zumal man es meist mit wechselndem Licht zu tun hat.
Wir Fotografen sind für das vorherrschende Licht [...] verantwortlich
Falsch! Zumindest in den meisten Fällen; für das vorherrschende Licht sind wir nur in Studiosituationen verantwortlich. In allen anderen Situationen liegt die Verantwortung des Photographen darin, das vorhandene Licht richtig zu nutzen, ggf zu "lenken", zu interpretieren und entsprechend technisch umzusetzen.
Wir Fotografen sind [...] für das korrekte Bild verantwortlich
Das wiederum ist richtig. Du neigst hier aber dazu, Lichtfarbe und Farbstich durcheinanderzuwürfeln. Ich sehe Farben im Sonnenuntergang anders, als am helllichten Tage; bei Sonnenschein anders, als bei bedecktem Himmel; bei rotem Bühnenlicht anders, als bei blauem...
Mit eine SW geht das viel einfacher als am Apparat.
Nö. Auch hier: abhängig vom Anwendungsfall. In spezialisierten Bereichen, mit ständig wechselnden Farbtemperaturen, wie zum Beispiel die Bühnenphotographie, mag das korrekt sein.
Aber in den meisten Situationen bleibt die Farbtemperatur mehr oder weniger gleich; nicht die Lichtsituation, aber die Farbtemperatur. Und diese korrekt zu interpretieren, ist die Aufgabe des Weißabgleichs...
Ansonsten ist man ständig genötigt den Kelvinwert nachzujustiere
Nö. Nur weil sich u.U mal die Lichtsituation ändert, muss sich an der Farbtemperatur noch lange nichts tun. Draußen, am Tage stellen um und bei 5.500 Kelvin nunmal den korrekten Abgleich der Farbtemperatur dar; da muss gar nichts rumgeeiert werden. Dein oben kolportierter "Farbstich" im Schatten dürfte eher auf einen missinterpretietenden AWB zurückzuführen sein, definitiv aber nicht auf einen korrekt eingestellten Weißabgleich.
In den normalen Fällen macht die Automatik gute Arbeit
Auch hier bin ich anderer Meinung, obwohl der AWB an meiner Fuji in Kunstlichtsituationen (LED / Energiesparlampen / Halogen) deutlich besser arbeitet, als alle Kameras, die ich bisher hatte (Olympus, Canon, Pentax). Trotzdem ist es, wie ich oben schon sagte, die Aufgabe des Photographen, die Situation richtig zu interpretieren und im Bild umzusetzen. Und jeden "Farbstich" auf Reinweiß zu neutralisieren, wird dem Licht, der Essenz der Photographie eben nicht gerecht. Eine weiße Fläche, die von der untergehenden Sonne angestrahlt wird, wirkt nunmal nicht reinweiß.
Soweit kommt es noch, dass ich mir von irgendwelchen Algorythmen in der Kamerasoftware vorgeben lasse, wie eine Farb- und Lichtsituation zu interpretieren ist; denn nichts anderes macht der AWB, was oft gleichbedeutend mit der Neutralisierung einer Lichtstimmung ist.
Nochmal in aller Deutlichkeit: Fallbezogen geht es mir in diesem Thread um natürliches, available Light und um alltägliche Kunstlichtsituationen. Ich spreche ausdrücklich nicht über Lichtinstallationen / (wechselnde) Bühnenbeleuchtungen...
Und all dieses Geschreibsel sind wieder mal lediglich meine bescheidenen 2 Cent...
Gruß Jan