Ich habe dieses herrliche Foru
Ich habe dieses herrliche Forum entdeckt, in dem mir gewiss Verständnis entgegengebracht wird für - ja, wofür eigentlich? Dass ich mit altertümlichem Gerät fotografiere und mich damit wohl und sicher fühle? Oder gar eine mir selbst nicht ganz bewusste Antwort darauf, weshalb ich mit Klassikern fotografiere?
Bei 'meinen Klassikern', die immer auch geplagtes Arbeitsgerät waren, habe ich jedoch zugegeben eine Odyssee hinter mir. Da gibt es meine solide, beständige, konservative Seite und die spiel-, such(t)- und experimentierfreudige Seite.
Filmmaterial waren immer und sind bis heute SW-Negativ- (die ich selbst verarbeite) und Farbdiafilme (ich will den Kodachrome 64 wieder haben!!!!!), sehr selten Farbnegativfilme. Meine Motive? Landschaften (zumeist) in SW, Portraits und mehr der Liebsten und anderer in SW, Menschen in ihrer Umgebung (vertraut oder ich frage sie vorher), Streetfotografie (SW), Urlaubsknipsfotografie in Farbe, Kinder ('Actionfotografie'
).
Meine erste Kamera habe ich vom Kommunionsgeld gekauft, eine Halbformat-Yashica mit Programmautomatik (sie steht hier 1m vor meiner Nase, leider defekt). Es ging weiter mit der abgelegten Schwarzwälder King Regula 1Pa (Baujahr 1957) meines Vaters. Mit ihr und einem Bewi-Belichtungsmesser habe ich mir die Grundbegriffe und -techniken der Fotografie beigebracht, habe mit ihr insbesondere den Reiz der SW-Fotografie entdeckt. Dann kam die Liebe auf den ersten Blick, die zur großen ewigen Liebe wurde: Eine Rollei 35B (eine 35, T oder gar S konnte ich mir nicht leisten, Moped war wichtiger). Sie wurde für Jahrzehnte zum wirklich ständigen Begleiter, mit SW- aber auch Farbdiafilm (trotz Dreilinser), und darf, gehegt, repariert, geliebt, aufgeputzt (Echtleder), ergänzt um ein zweites Exemplar (man weiß ja nie) und eine 35 mit Tessar, auch heute noch sehr oft mit (oh Mann, ist das Leben schön ohne Batterien). - Gut, in letzter Zeit macht ihr eine zierliche Japanerin Konkurrenz, die Petri Color 35, die bessere Rollei35

.
Eine Spiegelreflexkamera sollte es dann irgendwann doch sein. Ganz aktuell, noch kein Klassiker, war damals die Pentax MX, ein herrlich kleines und doch solides mechanisch gesteuertes Gerät. Mit 2,8/24mm, 2/35mm, 1,7/50mm, 2,8/100mm und 3,5/200mm und einem Balgengerät hatte ich so ein handliches Gepäck nach Bedarf für die meisten fotografischen Gelegenheiten - und hätte zufrieden sein, dieses System ausbauen können. Das kleine Ding und die Objektive waren wirklich so stabil gefertigt, dass man mit etwas Schwung die Schwiegermutter damit bewusstlos schmeißen konnte, um hernach damit die Trophäe zu fotografieren. Mann, hätte ich das Zeug doch behalten ... .
Doch dann kam der Sammler, der Fetischist, der Spinner in Verbindung mit noch jugendlichem Ungestüm in mir durch. Fotografie war (und ist mir bis heute) wichtig. So durfte es doch was besseres sein, oder? Carl Zeiss, klingt guuuut - sind die Objektive nicht noch ein wenig besser? - Ich benutze zwar bis heute keine abgeschmirgelten Schnapsflaschenscherben als Objektive, doch darüber lächle ich heute.
Die billigste Möglichkeit, Zeiss-Optiken zu benutzen, war Rollei, nach der Pleite, vor dem Hype. Zwei SL 35e, eine SL 35M ('Brikett'), später eine SL 2000f dazu; die Pentax wurde verkauft (ohne eBay, ja das ging!). Die SL 35e war eine wunderbare 'sophisticated' Kamera, doch auch eine fürchterlich sensible Diva (ich lernte schnell, sie zu reparieren), die SL 2000f schließlich eine Kamera, die nur aus guten Ideen bestand (und leider nur aus diesen). Insbesondere bei der damals bei mir als jungem Familienvater aktuellen Kinderfotografie war der Lichtschacht außerordentlich schonend für Knie und Kreuz, die quasiselektive Belichtungsmessung fast immer von Vorteil. Doch war das Ding an 46 von 52 Wochen pro Jahr in einem Fachbetrieb auf der Albhochfläche zur Reparatur (klar übertreibe ich, aber nicht stark).
Die Objektive? Ha, Carl Zeiss eben
, wow, die Fotos, die ich machte, waren viiiiel besser, ist doch klar! Und der Prestigegewinn erst! - Na ja, vielleicht hätte man beim Aufblasen der Dias an der Leinwand tatsächlich mit der Lupe etwas entdecken können ... . 25mm, 35mm, 50mm, 85mm, 135mm, 200mm waren wieder die (Fest-)Brennweiten. Immerhin schulten diese Objektive meine handwerklichen Fähigkeiten: Sie neigten nämlich dazu, sich selbst zu zerlegen, waren in mechanischer Hinsicht unter aller Sau. Ich lernte, mit einfachsten Mitteln (ein kleiner Kreuzschlitzschraubendreher war immer in der Fototasche) die Dinger bei Nacht im unbeleuchteten Tunnel mit Sonnenbrille instand zu setzen (und schön, wenn nach der Reparatur auf dem C&ingtisch danach der Sand im Schneckengang knirschte). Rollei/Zeiss? Sch***!
Tja, genervt, dem Fetisch Carl Zeiss jedoch immer noch erlegen, wurde das Zeug nach einigen Jahren verscherbelt. Eine Contax musste her, erst eine 137 MA, dann später dazu eine 159. Herrliche durchdachte, gut zu bedienende Geräte, stabil, mechanisch unempfindlich (wenn man die merkwürdige sich beim ersten Kontakt mit Handschweiß und Nasenfett zersetzende Belederung durch echtes Leder ersetzte). Die Objektive, 25mm, 35mm, 50mm, 85mm, 135mm und 180mm, alle Zeiss, alle hochlichtstark, zerlegten sich tatsächlich nicht selbst, doch die schalthebellose 137 erwies sich als außerordentlich gieriger Batteriefresser, war zudem bei Kälte nur mit Zusatzbatteriefach in der warmen Hosentasche zu benutzen, und beide (damals begann ich, regelmäßig Indochina zu bereisen) fingen bei hoher Luftfeuchtigkeit an, zu spinnen, waren da oft unbrauchbar. Porsche-Design, Yashica/Zeiss? Auch Sch***!
Heute? Der Fetisch hat sich erledigt, back to the roots. Zu Hause benutze ich meist wieder eine alte gebrauchte solide leichte auf das Notwendigste reduzierte schöne schwarze leicht patinierte
Pentax ME (jaja, ich weiß
); mir fehlt zwar gelegentlich die Abblendtaste sowie die Möglichkeit, den Messwert zu speichern, mit ein klein wenig Überlegung bekommt man dennoch fast jede Situation in den Griff. Das der ME fehlende hat dafür die P 30T (hat zwar ein fürchterliches 'Titan'-Finish aus Plastik, ist aber ein mehr als brauchbares und wider Erwarten stabiles (und schweres) Stück. Und das 'Titanfinish' erledigt sich mit zunehmendem Gebrauch von selbst). Die Objektive? 20mm, 24mm, 35mm, 50mm, 85mm, 150mm, was sonst, doch kam jetzt auch erstmals ein immerhin lichtstarkes Zoomobjektiv 28-105mm dazu (Zooms sind was für faule bewegungsgehemmte Fotografen. Aber ich bin ja jetzt fuffzig
.
Wichtiger Bestandteil sind zudem eine Hand voll alter japanischer und DDR-M42-Objektive (mit PK-Adapter) geworden, die mit ihren kreisrunden Blenden herrliche Unschärfespielereien ermöglichen.
Für 'feuchte' Länder hatte ich, nachdem ich das Contax-Zeug teuer verscherbelt hatte (es gibt noch mehr Deppen, nicht nur mich ...) eine Zeit lang alte Konicas (T2, T3n, TC): Mechanische Blendenautomaten, stabil (mit denen konnte man Schwiegermutter sogar totschmeißen, um danach ...), unverwüstlich, zur Not batterieunabhängig, pfiffig gelöste brennweitenabhängig stark mittenbetonte Belichtungsmessung, zudem die hellsten Sucher, die ich kenne. Wirklich feine Objektive zudem (wieder die bei mir üblichen Brennweiten), doch waren diese, Kameras wie Objektive, nicht nur unverwüstlich, sondern auch fürchterlich schwer, schwer, schwer, SCHWER! (die T2 mit 1,4/57mm bringt über 1kg auf die Waage). So schwitzte ich nicht nur aufgrund der Luftfeuchtigkeit ... . Zudem wurde das Batterieproblem (Quecksilberoxid) zu einem nur unzulänglich lösbaren.
So bin ich zu diesem Zweck irgendwann bei alten Nikons gelandet und werde bei diesen bleiben: Eine elektronische FE (für eher zu Hause) und eine mechanische absolut 'schwitzfeste' FM sowie eine ebensolche FM2/Titan, mit Objektiven wie immer (24mm, 35mm, 50mm, 85mm, 180mm mit möglichst hoher Lichtstärke; einzig ein 18mm kam noch hinzu - und ein Cosina/Voigtländer SL Ultron 2/40mm: So habe ich meine geliebte B35-Brennweite etwas bequemer, wenn auch nicht so kompakt). - Alles Kameras mithin, die mit einem Minimum an Batterieenergie auskommen (wenn man vom Motor absieht, den ich zum gelegentlichen darunterschnallen mir angeschafft habe). Zudem: Selbst der ältere Dorfschmied irgendwo in Kambodscha oder Laos repariert eine mechanische Nikon. Vielleicht die einzige positive Nachwirkung des Indochinakrieges ... .
Bei allem Chaos, bei allem 'Will-haben', ist, denke ich, trotzdem die konservative Seite zu erkennen:
Die Objektivauswahl zum einen; bis heute sind 50mm, 35mm und 85mm, das klassische kleine Marschgepäck, die für mich wichtigsten Brennweiten (oder die herrlichen 40mm der kleinen Rollei). Zoomobjektiven habe ich mich bis vor nicht allzulanger Zeit verweigert. Nicht, weil selbst die besten noch etwas verzeichnen (die Baumgruppe, den zerklüfteten Fels oder ein Gesicht juckt das nicht), vielmehr, weil ich nicht nur bei Sonnenschein unterwegs bin und als Zu-Fuß-Fokussierer eine Anfangsöffnung von mindestens 2,8 brauche, möchte, will (zudem: Was nützt mir z.B. ein 28 bis 105, wenn die beinhaltete von mir für Portraits so geschätzte Brennweite von 85mm bis 100mm durch eine Anfangsöffnung von 4,5 oder 'schlimmer' oft unbrauchbar gemacht wird?).
Zum anderen die Beschaffenheit der Kameras: Zeitautomatik und manuelle Bedienung (obwohl die Blendenautomatik der Konicas durchaus etwas für sich hatte. Da sie wohl insbesondere bei mechanischen Kameras mit großem Konstruktionsaufwand verbunden war, hat sie sich bei den meisten Herstellern in vorelektronischer Zeit nicht durchgesetzt).
Messung? Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, mit (stark) mittenbetonter Messung in Verbindung mit einem Messwertspeicher und Korrektur einigermaßen sicher umzugehen; da kamen mir die Konicas und die Rollei 2000f und kommen mir heute die Nikons sehr entgegen. Mit moderner Mehrfeldmessung habe ich aufgrund der Altertümlichkeit der von mir verwendeten Geräte keine Erfahrung.
Programmautomatik? Was soll der Quatsch, ich denke selbst. Bis ich entschieden habe, welches der dreiundzwanzig Motivprogramme der Situation angemessen ist, ist der Bunny auch schon weggehoppelt (wiewohl eine shiftbare Programmautomatik wie z.B. bei der modernen Canon meines Sohnes mir durchaus wieder brauchbar erscheint). Vor allem aber waren mir fast alle Auswüchse der Kameratechnik in den 80ern und 90ern einfach nur igitt: Ausstattungsoverkill, Motivprogramme, komplizierte Mäuseklaviere, Chipkarten, Augensteuerung, teure Batterien ... .
Autofocus? Empfand ich als unnötig: Noch etwas, das kaputt gehen kann und mich zusätzlich abhängig von Batterien macht (in 10 Jahren denke ich vielleicht doch anders).
Desweiteren: Ich bin Tageslichtfotograf, kann zwar mit Aufhellschirmen umgehen, bis heute jedoch nicht wirklich virtuos mit Blitz- oder Kunstlicht.
Der Rest der soliden Seite ist schnell geschildert: Eine gebrauchte 4x4-Rolleiflex (Bj. 1968, grau, einfach süß) lächelte mich lieblich vor ca. 25 Jahren in einem Schaufenster an. 127er-Roll-SW- und Diafilme gab's in den 80ern noch, der Diaprojektor wurde beherzt mit Vorschlaghammer, Säge, Feile auf 4x4 (in 50mm-Rähnchen) umgebaut. Mit den Rolleinaren waren zudem herrliche Kinderportraits möglich. Einige Zeit später wurde diese durch eine Rolleiflex T ersetzt: SW im Format 6x6 oder 4,5x6, Dias mit 4x4. Perfekt! Zudem erzogen mich diese Kameras zu einer sehr beschaulichen, überlegten Art, zu fotografieren.
Die Rollei T steht heute jedoch meist in der Vitrine, nachdem ich vor ca. 8 Jahren günstig zu einer Mamiya 645 1000S kam. Mit Lichtschacht und Handbelichtungsmesser oder Messprisma, 55mm, 80mm und 150mm sowie Stativ ist sie mein großes kleines Marschgepäck, vor allem wenn's mir nach schönen SW-Fotos ist (oder nach schönen SW-Portraits - oder sowas - der Liebsten).
Digital? Eine digitale Hosentaschenkamera, gedacht als Ersatz für die B35, hatte ich recht früh. Bei hellem Sonnenschein war sie brauchbar (aber auch wirklich nur dann). Zwischenzeitlich ist sie futsch - und ich weine nicht. Vor allem ist für mich eine Kamera, die man aufgrund eines zu kleinen (oder gar fehlenden) Suchers mit ausgestreckten zitternden Armen vor sich her halten muss, um das 'Fernsehbildchen' zu sehen, eine Fehlkonstruktion - und damit bis heute wohl 80% der kompakten Digitalen. Basta (wobei ein hochklappbarer LCD-Sucher durchaus Rolleiflex-Feeling erzeugen könnte ...).
Und doch hat mich die Digitalfotografie kürzlich eingeholt, nachdem insbesondere meine Frau ihr komisches Mobiltelefon immer öfter zum Fotografieren benutzte. Eigentlich sollte es eine einfache Sucherkamera mit einigermaßen brauchbaren Sucher sein - aber eine gebrauchte Epson R-1Ds ist es doch geworden, eine Messucherkamera auf Basis der Cosina/Voigtländer Bessa, mit M-Bajonett, APS-C-Sensor (Sony) mit 6MP, komplett mit einem 2,8/28mm von Konica und einem 2,5/50mm von C/V (und so habe ich effektiv die von mir so geschätzten 40mm und knapp 80mm). Das Ganze zum halben (angeblichen) Neupreis. Schön. - Naja, ein C/V 4/21mm (M39 mit M-Adapter) mit Sucher musste dann auch noch mit. - Ein modernes Teil mit immerhin doch klassischer Anmutung und Bedienung.
Das Gemaule der Liebsten ob diesem "Klotz, der ja nicht mal zoomen kann und wo man auch wieder alles allein machen muss" konnte mittels einer schicken süßen seidenmattbonbonpinkfarbenen sucherlosen Mini-(neudeutsch: Slimline-)Digicam im Alukleid, die in der Handtasche neben Lippenstift und Mascara Platz findet, für ein Taschengeld erstickt werden. So darf sie sich also mit ausgestreckten Armen (sie wie wohl alle jüngere Menschen sehen das offenbar pragmatischer, als ich) neben den Japanern vor Sehenswürdigkeiten aufbauen, ich darf ganz altmodisch, 'klassisch', und doch digital fotografieren.
Vielleicht findet die analoge Fotografie in Zukunft eine ähnliche Nische wie die analoge Tonaufzeichnung auf Schallplatten? Ich persönlich hoffe es, insbesondere da mir Planschen in SW-Chemikalien und der Umgang mit Barytpapier immer noch leichter von der Hand geht, als die einfachsten Schritte zur Bildbearbeitung (-verfälschung?) am PC. Dennoch wird meine Neuerwerbung wohl dazu führen, dass ich einen Teil meines analogen SLR-Spielzeugs auf Eis legen werde.
Gruß
Pit
PS: Die liebste Kamera? Immer die, die ich dabei habe (und die B35). - Und: sind die Kameras und Objektive, die ich nutze, alle Klassiker? Als KFZ dürften sie ein H-Kennzeichen führen, ob Kadett oder SL ...